Kategorie: Heute

  • #41

    Ich liebe meine Hündin sehr, aber mit dieser Bernsteinkette sieht sie wie eine von den voluminösen, mittelalten Damen aus, die ihre feuerroten kurzen Haare mit riesigem extravaganten Schmuck im Dekolletee kombinieren. Der Bernstein schützt vor Parasiten, sagst du, und weil du derjenige warst, der seine Freizeit in der letzten Woche mit der Reinigung sämtlicher Heimtextilien…

  • #40

    Ich drücke Markus immer, aber heute muss ich ihn auf seine stachlige Wange küssen. Die Maschine über ihm fängt sofort an gelb zu blinken, als ich ihn berühre, wahrscheinlich ist sie eifersüchtig. Wenigstens klingelpiept sie nicht, andernfalls hätte ich offenen Streit mit ihr. Ich erkläre Markus, wie er dieses Tablet bedienen muss um an meine…

  • #39

    Ich muss mir auf die Lippen beißen, um nicht „Hey Markus!“ zu rufen, als ich Markus‘ Wohnung betrete. Ich versuche zu überschlagen, wie oft ich in den letzten zehn Jahren Markus‘ Wohnung betreten und „Hey Markus!“ gerufen habe, aber als die Zahl dreistellig wird, gebe ich auf. Markus hat die Angewohnheit, die Wohnungstür schon anzulehnen, wenn…

  • #38

    Ich drücke den kleinen Edelstahlknopf und höre über den Lautsprecher, wie eine Telefonverbindung aufgebaut wird. Ich erkläre wer ich bin, wer Markus ist und seit wann er hier ist, und dass ich zu ihm muss, damit er mir seinen Wohnungsschlüssel geben kann, damit ich in seine Wohnung kann, damit ich ihm ein paar Sachen hole,…

  • #37

    Es ist keine Fügung, höchstens Zufall und zwar ein lausiger, denn ich habe nachgeholfen. Andauernd berichtet Herrndorf in „Arbeit und Struktur“ vom Schwimmen im Plötzensee und weil der gar nicht weit von mir ist, will ich ihn wenigstens mal sehen an diesem übertrieben schönen Herbsttag. Zum Schwimmen ist mir längst zu kalt. Ich muss zwei…

  • #36

    Ich komme aus der Dusche und ich spüre noch die Hitze. Jene, die ich mir minutenlang in den Nacken habe prasseln lassen und auch jene, die wir vorher ineinander erzeugt haben, durch Reibung wahrscheinlich. Ich greife zu meinem Telefon, weil ich immer als nächstes zu meinem Telefon greife, und während ich den Luftzug genieße, den…

  • #35

    „Sehen Sie nur! Sehen Sie nur!“, flüstert die Frau in mein Ohr, nachdem ich meine Kopfhörer abgesetzt habe. Ich reibe mir die Augen und brauche eine Sekunde um zu realisieren, wo ich bin (im ICE irgendwo bei Wittenberg) und wann jetzt ist (Freitagnachmittag auf dem Weg nach Hause). Ich starre die Frau an (kurze, gelockte,…

  • #34

    Rosi, Nachbarin, 74. Ich, Nachbar, 34. Rosi: “Was machstn du am ersten Advent?” – Ich: “Wann? Ähm. Keine Ahnung.” – “Na, weil ich am ersten Advent Stollen backe.” – “Ja. Ähm. Aha.” – “Und da brauche ich dich.” – “Oh. Und wozu?” – “Na zum Teig kneten. Ich schaffe das nicht mehr. Hat dir das…

  • #33

    Es riecht ein bisschen nach Schweiß, als der Typ aus der Kabine kommt und an mir vorbei zum Waschbecken geht. Wir sind auf einer Herrentoilette in einem Studentenclub, denke ich, wie soll der Typ schon riechen. Ich sehe, wie er versucht, sich die Hände zu waschen und er sieht wahrscheinlich, wie ich versuche zu pinkeln.…

  • #32

    Salafistenbärtchen, denke ich. Und dann denke ich: Bitte was? Ich versuche, wenig Schlechtes über Menschen zu denken, aber da ich viel über Menschen denke, ist auch Schlechtes dabei. Und als mein Blick auf den jungen, arabisch aussehenden Mann fällt, der gerade eingestiegen ist, denke ich eben: Salafistenbärtchen. Ich will mich korrigieren, aber ich bleibe dabei.…