Kategorie: Heute

  • #51

    Wie manche ohne ein gutes Buch nicht einschlafen können, kann ich ohne den Deutschlandfunk nicht wach werden. Nur kurz vor acht muss ihn ausschalten, da kommt Sport, und kurz nach halb sieben, da kommt die Morgenandacht. Beides regt mich auf. Gestern war ich im Bad, als die Pfarrerin zu sprechen anfing, und als mein Finger…

  • #50

    Ich höre Royksopp und denke zuerst, die alte Frau mit den vom feuchten Novemberwind zerzausten weißen Haaren, die sich mir in den Weg stellt ist Teil  des Videoclips, den mein Gehirn aus diesem grauen Nachmittag zusammenschneidet. Aber nein, sie ist Teil der Wirklichkeit, sie spricht mich an und mit den Ohrstöpseln aus meinen Gehörgängen, ziehe ich…

  • #49

    Als wir in die U-Bahn steigen, drängt sich eine energische kleine Frau zwischen uns. Du setzt dich ans Ende des Wagens, wo die Hündin gut liegen kann, ich setzt mich schräg gegenüber zwischen zwei über ihre Handys gebeugte Männer. Wir akzeptieren die Herausforderung. Das Spiel beginnt, die Regel ist bekannt: Wir kennen uns nicht. Nach…

  • #48

    Hier stimmt was nicht, denke ich, und dann fällt mir auf, was: Meine Hündin geht Fuß, schon sei Minuten, obwohl sie nicht müsste. Ich sehe mich um und dann fällt mir auf, warum: Es gibt keine Kaninchen mehr, die sie jagen könnte, dabei wimmelt es hier von Kaninchen, schon immer. Vor meinem Haus erzählt mir die…

  • #47

    Congratulations, you now have access to unlimited cloud sotrage!, schrieben sie mir und ich machte mich an die Arbeit. Ich sehe meine Archive durch und entdecke drei Videos vom Sommer 2009. Du und ich und die im Fahrtwind wedelnden Ohren der Hündin. Wir zuckeln die Karl-Marx-Alle runter, ich kommentiere die Einkaufsmöglichkeiten, du sagst, ich soll gefälligst auf die Hausnummern…

  • #46

    „Diese Socken sind nicht zu retten, du musst das einsehen. Dieses Paar hat Löcher an beiden großen Zehen. Das hier ist vom Waschen so dünn geworden, dass ich deine Fersen sehen kann, wenn du sie anhast. Und beim linken Strumpf des dritten Paars ist das Bündchen so ausgeleiert, dass du ihn wie eine Wollwurst um den Knöchel trägst. Herz, du…

  • #45

    Wir verbrachten sechs Stunden mit der Lösung eines Computerproblems, aber das Problem gewann. Wir sind raus, aber unsere Jacken hielten dem Regen nicht Stand. Wir wollten mit dem Bus zurück, der aber kam nicht. Zuhause hänge ich unsere Sachen zum Trocknen auf und du kochst Suppe. Dann sitzen wir in Unterhemden und Wollsocken am Esstisch auf dem…

  • #44

    Es klingelt. Ich bin genervt. Ich erwarte niemanden. Ich wäre gern einer von denen, dessen Tür seinen Freunden jederzeit offensteht, aber die traurige Wahrheit über mich ist: Ich habe sehr gern meine Ruhe. Und für heute Abend kein Essen bestellt. Auch kein Paket. Auch keine Zeugen Jehovas, die trauen sich bestimmt nie wieder, bei mir…

  • #43

    Das Buch habe ihm gefallen, sagt Markus, er wolle sich noch einmal dafür bedanken, dass ich es ihm geschenkt habe. Welchen Witz diese Juli Zeh habe und welche Schärfe! Den Stil, den sie in ihren Poetik-Vorlesungen an den Tag legt, kenne man aus ihren Romanen ja gar nicht. Kassandra habe er ein paar Stellen vorgelesen,…

  • #42

    Ich sitze am Kaffeetisch mit meinen Freunden und kaue Schokostreuselkuchen, mein zweites Stück. Die Freundin lobt das feine Aroma des Kaffees, der Freund nickt anerkennend ob ihres feinen Geschmackssinns und erklärt, dass dies sehr wertvoller Kaffee von Java oder aus Kuba oder Ich-habe-schon-wieder-vergessen-woher sei. Von dessen anregender Wirkung auf das Herz kommt das Gespräch auf…